Wie Sie das Zwischenzeugnis nutzen können:
Nichts beruhigt Eltern von Schulkindern so sehr wie gute Noten. Und kaum etwas bestimmt mehr über den Schulerfolg als eine gute Beziehung zwischen Lehrer, Schüler und Eltern. Warum also nicht beim nächsten Elternsprechtag mit dem Teamworken beginnen? Die Strategien sind dabei je nach Zeugnistyp verschieden.
Zwischenzeugnistyp 1: Besser geht’s nicht
Hinter jedem erstklassigen Zwischenzeugnis steckt immer auch erstklassige Anstrengungsbereitschaft – zeigen Sie Ihrem Kind, dass Sie das wissen. Denn: Vor allem auf der weiterführenden Schule sind gute Zeugnisse nicht selbstverständlich. Kein Schüler büffelt Vokabeln oder binomische Formeln im Schlaf – obwohl es bei den besonders Begabten oft so aussieht, weil sie so effizient arbeiten.
Tipps für den Elternsprechtag:
• Erkundigen Sie sich nach den sozialen Fähigkeiten Ihres Kindes: Wie gut ist es in die Klassengemeinschaft integriert? Ist es bereit, Gemeinschaftsaufgaben zu übernehmen? Gute Noten bedeuten nicht unbedingt gute soziale Kontakte. Beliebt ist nur, wer sich als Kamerad erweist!
• Wenn Sie das Gefühl haben, Ihr Kind ist unterfordert, sprechen Sie von sich aus die Möglichkeit des Überspringens an. Vermeiden Sie dabei unterschwellige Vorwürfe nach dem Motto: „In Ihrer Klasse wird mein Kind nicht genug gefördert.“
• Rufen Sie trotzdem vor allem Skepsis hervor, könnte das zum Beispiel daran liegen, dass man an der Schule noch keine Erfahrungen mit Springern hat und nicht weiß, dass die meisten Wechsel problemlos ablaufen. In diesem Fall bringt vielleicht der Vorschlag weiter, die endgültige Entscheidung erst nach einer Probewoche in der neuen Klasse zu treffen.
Zwischenzeugnistyp 2: Bloss nicht mehr als nötig tun
Wohin Sie auch schauen: Dreier und Vierer – obwohl Sie wissen, Ihr Kind könnte es besser! Mehr Erfolg als Schimpfen verspricht das Lieblingsessen mit viel Zeit für ein vertrauensvolles Gespräch. Vermutlich werden Sie erfahren, dass die Gründe für die Notentalfahrt im außerschulischen Bereich liegen. Typische Krisenherde:
1. Ihr Kind fühlt sich von Ihnen nicht genug unterstützt. – Da lohnt es sich zu überlegen, wie Sie mehr Zeit miteinander verbringen könnten bzw. wen es als Ersatz akzeptiert, falls Sie selbst zu eingespannt sind.
2. Ihr Kind will nicht von Freunden als Streber abgestempelt werden. – Vor allem mit Schülern der Mittelstufe sollten Eltern einen intensiven Blick in die Zukunft werfen, denn immer mehr Ausbilder verlangen bei der Bewerbung alle Zeugnisse ab Klasse 8. Ihr Sohn oder Ihre Tochter glaubt Ihnen nicht? Laden Sie sich Verstärkung ein! Am besten ein oder zwei junge Erwachsene Anfang 20, die Sie selbst mögen und die von Ihrem jugendlichen Skeptiker ebenfalls geschätzt werden. Sprechen Sie gemeinsam über deren heutige Sicht auf Noten, Schule, Zeugnisse sowie den positiven oder negativen Einfluss von Freunden.
3. Ihr Kind ist schlichtweg faul. – Versuchen Sie, gelassen zu bleiben. Es gibt im Schülerleben immer wieder Phasen, in denen alles wichtiger ist als Lernen. Beruhigend zu wissen: Wenn die Motivation zurückkehrt, lassen sich mit guten Lerntechniken die Defizite rasch abarbeiten.
Tipps für den Elternsprechtag:
• In Klasse 4 wünscht man sich ein Zeugnis, das deutlich für die eine oder andere künftige Schulform spricht. Ist das nicht der Fall, hilft die Sachunterrichtsnote als möglicher Indikator bei der Klärung. Sprechen Sie mit der Lehrerin über die mündliche Beteiligung Ihres Kindes an diesem Fach, da die sprachlichen Fähigkeiten entscheidend sind und sich der Sachunterricht ab der fünften Klasse aufspaltet in Erdkunde, Geschichte, Politik, Biologie, Chemie und Physik.
• Elternsprechtage sind in erster Linie dazu da, gute PR fürs Kind zu machen. Das heißt aber nicht, dass Sie Probleme nicht ansprechen dürfen. Mit sachlicher Kritik können die meisten Lehrer gut umgehen. Aber: Ziehen Sie keine Vergleiche zu anderen Fachlehrern, wie „Bei Frau Müller hatte Lena letztes Jahr eine Zwei. Da hatte sie richtig Spaß an Chemie“. Durch eine solche Äußerung muss sich der Lehrer abgelehnt fühlen und wird Ihrem Kind künftig eventuell öfter Lücken aufzeigen, um die Richtigkeit seiner Note zu bestätigen.
Zwischenzeugnistyp 3: Trotz Anstrengung vorwiegend ausreichend
Wieder einmal hat Ihr Kind alles gegeben, und wieder einmal hat es nicht für die ersehnten Zweier und Dreier gereicht. Falls Sie sich fragen, ob Ihr Kind die richtige Schulform besucht, orientieren Sie sich an der Richtlinie der Schulprofis. Sie sagen: Die Wahl stimmt, solange ein Schüler mittlere Leistungen ohne Dauernachhilfe bringt.
Was Ihrem Kind aber mit großer Wahrscheinlichkeit fehlt, sind zeitsparende Arbeitstechniken. Beobachten Sie in den nächsten Wochen, ob es seine Hausaufgaben stets am gleichen Tag erledigt, wenn das Gelernte noch frisch ist. Lernt es mündliche Aufgaben kurz und oft? Dreimal zehn Minuten sind effektiver als eine Stunde Dauerbüffeln. Nutzt es für die Strukturierung eines Textes Mindmaps? Arbeitet es mit Ringbüchern, in denen sich Lerninhalte gut korrigieren oder nachtragen lassen?
Tipps für den Elternsprechtag:
• Die Notenvergabe hängt immer auch vom Klassendurchschnitt ab. In einer Klasse mit vielen leistungsstarken Schülern ist es besonders schwer, eine gute Note zu bekommen. Wenn Sie in Erfahrung bringen, wie die Lehrerin ihre Klasse insgesamt einschätzt, können Sie die Leistungen Ihres Kindes besser einordnen.
•Schulpsychologen wissen, dass nach der siebten Klasse Gewohnheiten kaum mehr verändert werden können. Tauschen Sie sich deshalb so früh wie möglich mit den Lehrern über die Lernstrategien Ihres Kindes aus.
Zwischenzeugnistyp 4: Eine echte Katastrophe
Natürlich sind Sie beim Anblick eines richtig schlechten Zwischenzeugnisses enttäuscht oder sauer oder beides – Ihrem Kind geht es nicht anders! Etwas Aufmunterung tut Ihnen beiden gut, etwa durch einen Rückblick in Ihre eigene Schulzeit: Erzählen Sie Ihrem Kind, wie Sie auch einmal dachten, aus einem Notentief nie wieder herauszufinden – und wie es schließlich doch geklappt hat. Aus Ihren Erinnerungen kann Ihr Sohn oder Ihre Tochter die Hoffnung schöpfen: „Auch wenn es gerade mies läuft, das muss nicht so bleiben!“
Besonders für schwache Schüler wichtig: positive Erfahrungen außerhalb der Schule, die das Selbstbewusstsein stärken. Hobbys dürfen deshalb auf keinen Fall für mehr Übungszeit geopfert werden! Und: Beim Lernen das Richtige, nicht das Falsche betonen. Also: „Du hast 80 Wörter korrekt geschrieben!“ Nicht: „In diesem Text stecken 20 Fehler.“
Tipps für den Elternsprechtag:
• Je früher eine Lernstörung erkannt wird, desto leichter lässt sie sich korrigieren. Bitten Sie in der Grundschule um ehrliche Antworten auf diese Fragen: Wo hat mein Kind Förderbedarf? Wie sind seine einzelnen Wahrnehmungsbereiche entwickelt? Gibt es motorische Auffälligkeiten? Wo steht es im Lesen? Kennt es sich im Zahlenraum aus? Wie steht es um seine Auffassungsgabe, seine Abstraktions-, Transfer- und Konzentrationfähigkeiten? Zeigt es bei selbständigen Arbeiten Durchhaltevermögen und angemessenes Tempo?
• Bitten Sie die Lehrerin um einen geeigneten Förderplan. Sie wird Ihnen auch Anlaufstellen zusätzlicher Unterstützung nennen können.
• Falls Ihr Kind große Einstiegsprobleme in Klasse 5 hat: Strahlen Sie bei seinen Lehrern Zuversicht aus. Falls vorhanden: Erzählen Sie von einer ähnlichen persönlichen Erfahrung und dass Sie sich bis Ende der sechsten Klasse gefangen haben. Das wirkt sympathisch – und es verlängert den Entwicklungsspielraum, den der Lehrer Ihrem Kind einräumt.
• Große Lernprobleme ab Klasse 7 haben oft den gleichen Grund: mitgeschleppte Lücken. Bitten Sie die Fachlehrer um eine Lerndiagnose. Am besten vereinbaren Sie einen Gesprächstermin, um mit dem Kind ein klares, kleinschrittiges Lernprogramm zu verabreden.
Zwischenzeugnis – Noten oder Wortgutachten?
Ein Notenzeugnis ist nicht so objektiv, wie es scheint. Das gilt sogar für ein so nüchternes Fach wie Mathematik. Kürzlich wurde ein Versuch wiederholt, in dem die gleiche Mathearbeit verschiedenen Lehrern vorgelegt wurde. Das Ergebnis: Alle Noten von Zwei bis Fünf waren dabei. Wie kann das sein? Das persönliche Punktesystem macht’s möglich. Der eine Lehrer vergab insgesamt 100 Punkte, der andere 50, ein weiterer 30. Manche Lehrer gaben jeder Aufgabe gleich viele Punkte. Andere variierten die Punktzahl pro Aufgabe nach Schwierigkeit.
Ein Wortgutachten ist in Deutschland selten mehr als ein ausformuliertes Notenzeugnis. Es sollte so aufmerksam wie ein Arbeitszeugnis gelesen werden, da die Bemerkungen positiv klingen, aber doch die unterschiedlichen Leistungsniveaus spiegeln. Was zum Beispiel mit Wörtern wie „teilweise“, „bemüht“ oder „manchmal“ gemeint ist, sollten Sie die Lehrerin fragen. Und bitten Sie außerdem um Informationen, die nicht im Zeugnis stehen: „Lilli rechnet Plusaufgaben schon sicher im Zahlenraum bis 20″ klingt gut – aber dahinter verbirgt sich auch diese Botschaft: Aufgaben im 100er-Raum und Minusaufgaben beherrscht Lilli noch nicht.
Von:
www.eltern.de/schulkind/weiterfuehrende-schule/zwischenzeugnis.html/